Splendor Solis

f. 7r, Ritter der Königlichen Kunst (Tafel 3)


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Ein großer Ritter steht mit den Füßen auf dem Beckenrand eines Doppelbrunnens, der sich auf einer von rechts ins Bild geschobenen Landzunge befindet. Er trägt eine prächtige silberne Rüstung mit goldenen Applikationen und einen Brustpanzer in den Farben Schwarz, Weiß, Gelb und Rot. Sein Helm ist mit einer kreisförmigen Helmzier versehen, die aus sieben verschiedenfarbigen Sternen besteht. In seiner rechten Hand hält der Ritter ein Schwert mit geschwungener Schnittfläche, während er sich mit der linken auf einen großen roten Schild stützt, der in goldenen Lettern die Aufschrift „Ex duabus acquis / unã facite Qui / quæritis Sole et Lu / nã facere. et date / bibere inimico urõ / Et uidebitis / eum mortuum / Deiñ de aqua ter / rã facite. Et Lapi / de    multi / plicas / tis“ trägt. Die beiden achteckigen Becken des Doppelbrunnens enthalten unterschiedliche Flüssigkeiten: Die silberfarbene rechts fließt über einen schmalen Steg in das linke Bassin, in dem sich flüssiges Gold befindet, das sich in eine weite Gewässerlandschaft ergießt. Im vorderen Bildbereich vollkommen goldgesättigt, wird das Wasser gegen den hügel- und berggesäumten Horizont hin immer heller.

Die goldenen und silbernen Flüssigkeiten des Brunnens verweisen auf die vielfältigen Polaritäten der Alchemie, die es zur Läuterung zu vereinen gilt; hiervon handelt in enigmatischen Sätzen auch der auf dem roten Schild lesbare Text, der in der Übersetzung etwa lautet: „Aus zwei Wassern macht eines, die ihr sucht, Sonne [Gold] und Mond [Silber] zu erzeugen. Und gebt zu trinken dem brennenden Feind. Und ihr werdet sehen seinen Leichnam. Dann macht aus Wasser Erde und vervielfacht [verbreitet] den Stein.“ Die in die Gewässer- oder Sumpflandschaft fließende Flüssigkeit wird als Darstellung des alchemistischen Prozesses der Putrefaction (Fäulnis) interpretiert, die der Text in der dem Bild vorhergehenden Passage erläutert. Der als verbindendes Element auf dem Doppelbrunnen stehende Ritter verkörpert die Alchemie, die verschiedenen Farbstufen des Opus Magnum, des Großen Werkes, auf seinem Brustpanzer symbolisieren die Transmutation: Die sieben Sterne des Helmes verweisen auf die Planeten und die mit ihnen verbundenen Metalle, in die sich die Urmaterie Prima Materia im Laufe der Transmutation verwandeln lässt, bevor die Veredelung in ihrer reinsten Form, dem Gold, endet.

Der geharnischte Ritter der Königlichen Kunst, der mit den Füßen auf je einem Becken eines Doppelbrunnens steht, ist ein Beispiel für die Rezeption verschiedener alchemistischer Bilderhandschriften. Während das Motiv des Ritters mehrfach beispielsweise in der Aurora Consurgens erscheint, findet sich die Vorlage für seine Platzierung auf zwei Quellen, die durch den Stehenden miteinander verbunden werden, im Alchemistischen oder merkurialen Hermaphroditen des Buchs der heiligen Dreifaltigkeit, während die Haltung des Ritters mit erhobenem Schwert der dortigen Darstellung des Luziferischen Hermaphroditen folgt.

Jörg Völlnagel
(Kunsthistoriker, Staatliche Museen zu Berlin)


f. 7r, Caballero del Arte Real

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f. 7r, Ritter der Königlichen Kunst (Tafel 3)

Ein großer Ritter steht mit den Füßen auf dem Beckenrand eines Doppelbrunnens, der sich auf einer von rechts ins Bild geschobenen Landzunge befindet. Er trägt eine prächtige silberne Rüstung mit goldenen Applikationen und einen Brustpanzer in den Farben Schwarz, Weiß, Gelb und Rot. Sein Helm ist mit einer kreisförmigen Helmzier versehen, die aus sieben verschiedenfarbigen Sternen besteht. In seiner rechten Hand hält der Ritter ein Schwert mit geschwungener Schnittfläche, während er sich mit der linken auf einen großen roten Schild stützt, der in goldenen Lettern die Aufschrift „Ex duabus acquis / unã facite Qui / quæritis Sole et Lu / nã facere. et date / bibere inimico urõ / Et uidebitis / eum mortuum / Deiñ de aqua ter / rã facite. Et Lapi / de    multi / plicas / tis“ trägt. Die beiden achteckigen Becken des Doppelbrunnens enthalten unterschiedliche Flüssigkeiten: Die silberfarbene rechts fließt über einen schmalen Steg in das linke Bassin, in dem sich flüssiges Gold befindet, das sich in eine weite Gewässerlandschaft ergießt. Im vorderen Bildbereich vollkommen goldgesättigt, wird das Wasser gegen den hügel- und berggesäumten Horizont hin immer heller.

Die goldenen und silbernen Flüssigkeiten des Brunnens verweisen auf die vielfältigen Polaritäten der Alchemie, die es zur Läuterung zu vereinen gilt; hiervon handelt in enigmatischen Sätzen auch der auf dem roten Schild lesbare Text, der in der Übersetzung etwa lautet: „Aus zwei Wassern macht eines, die ihr sucht, Sonne [Gold] und Mond [Silber] zu erzeugen. Und gebt zu trinken dem brennenden Feind. Und ihr werdet sehen seinen Leichnam. Dann macht aus Wasser Erde und vervielfacht [verbreitet] den Stein.“ Die in die Gewässer- oder Sumpflandschaft fließende Flüssigkeit wird als Darstellung des alchemistischen Prozesses der Putrefaction (Fäulnis) interpretiert, die der Text in der dem Bild vorhergehenden Passage erläutert. Der als verbindendes Element auf dem Doppelbrunnen stehende Ritter verkörpert die Alchemie, die verschiedenen Farbstufen des Opus Magnum, des Großen Werkes, auf seinem Brustpanzer symbolisieren die Transmutation: Die sieben Sterne des Helmes verweisen auf die Planeten und die mit ihnen verbundenen Metalle, in die sich die Urmaterie Prima Materia im Laufe der Transmutation verwandeln lässt, bevor die Veredelung in ihrer reinsten Form, dem Gold, endet.

Der geharnischte Ritter der Königlichen Kunst, der mit den Füßen auf je einem Becken eines Doppelbrunnens steht, ist ein Beispiel für die Rezeption verschiedener alchemistischer Bilderhandschriften. Während das Motiv des Ritters mehrfach beispielsweise in der Aurora Consurgens erscheint, findet sich die Vorlage für seine Platzierung auf zwei Quellen, die durch den Stehenden miteinander verbunden werden, im Alchemistischen oder merkurialen Hermaphroditen des Buchs der heiligen Dreifaltigkeit, während die Haltung des Ritters mit erhobenem Schwert der dortigen Darstellung des Luziferischen Hermaphroditen folgt.

Jörg Völlnagel
(Kunsthistoriker, Staatliche Museen zu Berlin)


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